Die Einstellung der Seilzugbremse
Vorwort des Autors
Wenn Ihr einen Oldtimer restauriert solltet Ihr immer besonderen Wert auf die Bremsanlage legen. Sie ist die Lebensversicherung für Euch und andere Verkehrsteilnehmer. Deshalb möchte ich immer dazu raten, den ersten Teil der Fahrzeugrestauration generell der Bremse zu widmen. Dazu gehört immer das Zerlegen der Bremsen, überprüfen ob Simmeringe dicht sind und nichts verölt ist, das Überprüfen der Belagstärken der Bremsbeläge, der Zustand der Bremstrommeln, der Federn, der Nachstelleinrichtungen und natürlich der Zustand der Bremsschiene, der Bremsdruckstange und der Bremsseile. Wenn Ihr die Bremsen eines alten Standard-Käfers öffnet verwendet bitte keine Pressluft zum Reinigen der Bremsanlagen. Es ist davon immer davon auszugehen das noch Asbestbeläge verbaut sind. Die Stäube dieser Beläge sind schwer gesundheitsschädlich. Deshalb reinige ich alte Bremsen immer nur sehr nass mit einer Bürste. Alte Beläge werden generell entsorgt.
Lest bitte auch noch meinen allgemeiner wichtigen Hinweis am Ende dieses Textes.
Die Einstellung der mechanischen Bremse (Seilzugbremse) beim VW Käfer
Die Seilzugbremse hatte in der Vergangenheit immer einen schlechten Ruf. Wie schon im einleitenden Text erläutert, leitet sich dieser Ruf aus einer höheren Wartungsintensität ab. Man muss sich eben um eine Seilzugbremse intensiver kümmern, dann bremst sie in der Regel auch problemlos. Im Folgenden sind die Wartungs- und Einstellarbeiten der Seilzugbremse näher beschrieben.
Die Grundeinstellung
Wenn ein zukünftiges Restaurationsobjekt in Eurer Garage steht, solltet Ihr als erstes prüfen, ob die vorhandenen Bremsseile gangbar und in Ordnung sind. Bei meinem Fahrzeug waren 2 Seile gerissen. Im Zweifelsfall, wenn die Seilhüllen beschädigt oder die Seile schon stank gelängt sind würde ich empfehlen, die Seile zu erneuern. Sie sind bei den einschlägigen Händlern noch problemlos erhältlich.
Zuerst nehmt Ihr Grundeinstellung der Bremse vor. Dazu bockt Ihr das Fahrzeug so auf, das alle 4 Räder frei drehbar sind und löst die Handbremse. Achtet darauf, dass das Fahrzeug wirklich sicher steht, bevor Ihr an dem Auto mit der Arbeit beginnt.
Jetzt nehmt Ihr die vordere Brems-Abdeckung am Rahmenkopf ab. Ihr seht jetzt den Bremslichtschalter die Bremsbetätigungsschiene und die Bremsdruckstange, deren Länge durch ein Gewinde am vorderen Ende justierbar ist. Durch vorsichtiges Betätigen der Handbremse könnt Ihr jetzt prüfen, ob eventuell Spiel in der Bremsdruckstange vorliegt. Das Spiel soll 1mm nicht überschreiten. Das Spiel lässt sich durch Herausschrauben des Kopfes der Bremsdruckstange minimieren. Oftmals ist dieser Bereich stark verdreckt, korrodiert und mit Fett verschmiert. Hier hilft dann nur penibles Reinigen, damit man sich überhaupt einen Überblick verschaffen kann. Bei der Gelegenheit kann man dann auch gleich einmal die Funktion und Einstellung des Bremslichtschalters überprüfen, der in dieser verdreckten Umgebung auch gern einmal versagt. Auch der Fußbremshebel selbst kann Spiel zur Bremsbetätigungsschiene haben. Dieses lässt sich durch Justieren der Anschlagplatte an der Pedaleinheit beseitigen.
Das Einstellen der Seile
Die Seile sind an den Bremsankerplatten mit einer in einem weiten Bereich schraubbaren Nachstellhülse befestigt. Durch Verstellen dieser Nachstellhülse lassen sich die Seillängen anpassen und einstellen. Die Nachstellhülse ist mit einer Kontermutter versehen, die die Nachstellhülse nach Einstellung fixiert und somit gegen unbeabsichtigtes Verstellen sichert.
Zur Grundeinstellung löst man zuerst die Kontermutter der Nachstellhülse und schraubt beides in Richtung der Bremsankerplatte. Die Seile werden so entlastet und auf Ihre maximale Länge eingestellt. Das betreffende Rad sollte sich jetzt per Hand frei drehen lassen.
Bei starker Korrosion empfiehlt es sich natürlich, die Gewinde der Seile erst einmal richtig gangbar zu machen und einzufetten. Für eine saubere Einstellung der Bremse sind gut gangbare Gewinde unerlässlich!
Wenn sich das Rad von Hand frei drehen lässt kann man jetzt beginnen die Bremsbacken-Nachstellschraube auf der gegenüberliegenden Seite der Ankerplatte leicht anzuziehen. Man sollte dann beim Drehen des Rades spüren, das die Bremsbeläge irgendwann anfangen zu schleifen. Mit weiterer Nachstellung der Nachstellschraube kommt man dann an den Punkt, wo sich das montierte Rad nur noch extrem schwer von Hand drehen lässt.
Dann kommt der entscheidende Punkt. Jetzt wird die richtige „Wirklänge“ des Bremsseiles justiert.
Anmerkung: Die Seele des Seiles ist ja eigentlich immer gleichlang. Durch Justieren der Nachstellhülse wird nur die Seilhülle verändert!
Zur Einstellung des Seiles schraubt man jetzt die Nachstellhülse von der Bremsankerplatte weg in Richtung Seil. Die richtige Einstellung ist erreicht, wenn zwischen Nachstellhülse und dem metallischen Ende des Seil-Führungsschlauches gerade noch ein minimales Spiel fühlbar ist. In der Abbildung ist das ganze mit einem Zwischenstück dargestellt, das bei normallangen Seilen fehlt.
Das Seil darf jetzt nicht unter Spannung stehen. Jetzt kann die Kontermutter in Richtung Nachstellhülse geschraubt und an der Nachstellhülse festgezogen werden, damit sich die Nachstellhülse nicht mehr verstellen kann.
Nun kann die Nachstellschraube der Bremsbacken wieder soweit gelöst werden, dass sich das Rad gerade frei drehen lässt. Wenn die Bremsbacken nicht frei werden, kann man vorsichtig mit einem kleinen Hammer leicht auf die Einstellschraube klopfen. Damit wird erreicht das sich die Einstellkegel und die Bremsbacken setzen.
Diese Einstellprozedur ist dann allen weiteren Rädern in der gleichen Art und Weise zu wiederholen.
Jetzt wird die Handbremse 3 Zähne angezogen und die gleichmäßige Bremswirkung aller Räder überprüft. Alle Räder sollten sich gefühlt gleich schwer drehen lassen. Sollten einzelne Räder eine stärkere Bremswirkung aufweisen dann ist die Handbremse zu lösen und an diesen Rädern die Bremsbacken Nachstellschraube minimal gefühlvoll ein wenig zu lösen, bis dann beim erneuten Probieren an allen 4 Rädern die Bremswirkung gleichmäßig ist. Wenn die Handbremse 4 Zähne angezogen ist, sollen sich die Räder generell nicht mehr von Hand drehen lassen.
Zum Schluss stellt Ihr das Fahrzeug wieder auf die Räder und macht eine Probefahrt, bei der Ihr die gleichmäßige Bremswirkung überprüft.
Tipp: Ich habe Probefahrten zur Bremsüberprüfung immer auf einen einsamen Weg mit trockenem festgefahrenem Sand durchgeführt. Wenn man hier Fahrradtempo (ca. 20-30km/h) fährt und dann die Bremse langsam bis zur Blockiergrenze betätigt sieht man deutlich anhand der Bremsspuren im Sand wann welche Bremse eingesetzt hat. Im Idealfall hat man nach dem Bremsen 4 gleichlange Bremsstriche im Sand. Dann braucht man sich von einem TÜV-Termin nicht zu fürchten.
So kann man beim Standard auch die Wirkung der Handbremse überprüfen. Sie wirkt ja wie bereits beschrieben beim Standard auf 4 Räder.
Hinweis: Sollten sich durch längere Betriebszeit die Seile gelängt haben und nicht mehr nachstellbar sein, gab es früher offizielle Zwischenstücke, die man zwischen Bremsseil-Führungsschlauch und der Nachstellhülse einsetzen konnte. Ich bin offen gesagt kein Fan dieser Zwischenstücke. Diese sind mittlerweile rar und schwer zu bekommen.
Wenn die Seile sehr lang geworden sind sollte man vielleicht über einen Satz neue Seile nachdenken. Der Preis für einen Satz Seile liegt zurzeit (04/2017) bei 240.- Euro.
Nachstellen im laufenden Betrieb
Soll die Bremse im laufenden Betrieb nachgestellt werden, ist prinzipiell die gleiche Prozedur zu wiederholen. Allerdings kann man sich die Einstellung der Seile sparen.
Wagen anheben und Handbremse lösen
Nachstellschrauben anziehen bis sich die Räder noch frei drehen lassen. Handbremse 3 Zähne anziehen und gleichmäßige Wirkung prüfen. Alle Räder sollten sich gefühlt gleich schwer drehen lassen. Sollten einzelne Räder eine stärkere Bremswirkung aufweisen dann ist die Handbremse zu lösen und an diesen Rädern die Bremsbacken Nachstellschraube minimal gefühlvoll ein wenig zu lösen, bis dann beim erneuten Probieren an allen 4 Rädern die Bremswirkung gleichmäßig ist. Wenn die Handbremse 4 Zähne angezogen ist, sollen sich die Räder generell nicht mehr von Hand drehen lassen.
Zum Schluss stellt Ihr das Fahrzeug wieder auf die Räder und macht eine Probefahrt, bei der Ihr die gleichmäßige Bremswirkung überprüft. Vorgang nach Probefahrt eventuell wiederholen.
Wichtiger Hinweis über Spreizbügel und Betätigungshebel
Wenn Ihr trotz sogfältiger Einstellung Eurer mechanischen Bremsen keine gleichmäßige Bremswirkung hinbekommt kann das an dn Spreizbügeln oder Betätigungshebeln selbst liegen. Die Spreizbügel der VW-Käfer Seilzugbremsen und die Betätigungshebel wurden im Laufe der Produktion technisch verändert! Deshalb existieren Spreizbügel und Betätigungshebel mit unterschiedlichen Abmaßen im Angebot der Teilehändler und auf Teilemärkten. Die Unterschiede sind minimal und deshalb nur schwer zu sehen.
Wenn eine Seilzugbremse überarbeitet wird ist peinlichst darauf zu achten, das in allen 4 Radbremsen Spreizbügel und Betätigungshebel mit gleicher Geometrie verwendet werden. Sonst wird es unmöglich sein, eine gleichmäßige Bremswirkung zu erzielen. Die Spreizbügel und Betätigungshebel sind immer so einzubauen, das die Verbindungsbolzen zur Fahrzeugmitte zeigen. Wegen der besseren Hebelverhältnisse sollten wenn möglich nur die neueren Ausführungen an allen 4 Rädern verwendet werden.
Details der Unterschiede bei Spreizbügeln und Betätigungshebeln:
Das Tiefe der Auskerbung auf der schmalen Rückseite der Spreizbügel ist unterschiedlich. Alte Version 30,5mm, Neue Version 17,5 mm Gemessen wird dieses Maß vom Zentrum des Bolzenz zur Tiefe der Kerbe.
Auch die Betätigungshebel sind unterschiedlich.
Der Lochabstand der beiden Löcher (Mitte-Mitte) beträgt beim alten Bügel 50,25mm.
Der Lochabstand der beiden Löcher (Mitte-Mitte) beträgt beim neuen Bügel 53,2mm.
Alle Verbindungen an Spreizbügeln und Bettätigungshebeln können vor der Montage mit Universalfett LEICHT eingefettet werden.
Die Betätigungshebel mit Spreizbügel sind immer so zu montieren, das der Verbindungsbolzen in Wagenmitte zeigt!
Allgemeiner wichtiger Hinweis:
Die hier aufgeführten technischen Informationen zur Seilzugbremse dienen nur der technischen Information. Praktische Arbeiten an der Bremsanlage eines Fahrzeugs können und sollen nur von dafür speziell ausgebildeten und zugelassenen Personen vorgenommen werden. Diese Beschreibung dient nur der allgemeinen Information. Die mögliche Anwendung von hier beschriebenen Verfahren und Techniken geschieht auf eigenen Gefahr. Der Autor schließt jede Haftung für die Anwendung der erteilten Informationen aus.