Echter Standard - schnell erkannt
Gerade der Standard musste im Laufe seines Autolebens ambitionierte Basteleien und "Aufwertungen" über sich ergehen lassen, zumeist mit dem Ziel, ihn möglichst wie den Export aussehen zu lassen. Das führt dazu, dass so mancher Scheunenfund auf den ersten und auch zweiten Blick gar nicht als Standard erkennbar ist. Wir geben daher hier ein paar Hinweise, die bei der Bestimmung helfen bzw. Orientierung geben sollen, wie weit das besichtigte Auto vom Originalzustand abweicht. Folgendes gilt in erster Linie für Ovali und frühe Dickholmer.
Aufbau
Nur von außen ist ein konsequent „exportisierter“ Standard schwierig bis gar nicht zu erkennen – alle Anbauteile sind baugleich mit dem Export, es wurden auch gerne Zierleisten montiert. Wenn er dann noch (wie auch viele Exportmodelle) mal lackiert wurde, wird es schwierig und kann nur mehr vor Ort festgestellt werden. Ein Indiz kann die Originalfarbe sein, wie man sie meist unter dem Typenschild findet. Der Standard wurde durch die 1950er ab Werk zumeist in nur zwei oder drei gleichbleibenden Farben angeboten (hier nachzulesen unter „Modelle"). Doch Vorsicht: Gegen Aufpreis konnte man den Wagen auch in einer aktuellen Exportfarbe lackieren lassen bzw. waren CCG- und besonders Behördenfahrzeuge in allen möglichen Lackierungen denkbar.
Was den Innenraum betrifft, so habt Ihr natürlich unsere Modell-Dokumentationen gelesen und wisst bestens Bescheid – doch es kann alles bis hin zum Schalterknopf getauscht worden sein! Ein relativ sicheres Indiz ist der Innenhimmel – diesen wie beim Export nachträglich über Holme und Rückfenster zu tapezieren, wäre sehr aufwändig gewesen - obwohl auch das mitunter gemacht wurde, wie wir aus verlässlicher Quelle (nämlich einem Polsterer im Ruhestand) wissen. (Man sollte dies trotzdem am fehlenden oder nur geklebten Keder an der B-Säule erkennen, der Standardkarosserie fehlen hier die Blechkrallen.) Wenn also nur das Dach stoffbespannt ist, dann haben wir mit großer Wahrscheinlichkeit einen Standard-Aufbau vor uns. Ein Treffer ist auch die Abwesenheit der Türkontaktschalter - die (ungebohrten) Einprägungen in der A-Säule sind aber vorhanden. Zur Sicherheit sei noch erwähnt, dass der Standard auch immer mit Faltdach erhältlich war, das ist also kein Export-Indiz (wie bei einem Benzingespräch schon vehement behauptet wurde)! Der Standard hatte im Gegenteil das Faltdach wesentlich länger als der Export, wo es dem Kurbeldach weichen musste.
Bodenplatte/Technik
Der nächste Blick fällt unter die Vordersitze. Der Standard hat keine Sitzschienen, sondern nur jeweils zwei mit der Bodenplatte verschweißte Stehbolzen, an denen das Rohrgestell mit Schellen und Flügelmuttern verschraubt ist. Man freue sich, wenn diese Teile noch vollzählig vorhanden sind! Theoretisch kann natürlich jemand auch nachträglich Schienen eingeschweißt haben. Um ganz sicherzugehen, wird’s jetzt fettig: Ein Griff hinter die Pedalerie gibt Sicherheit, ob (noch) eine Seilzugbremse verbaut ist. Die Kolbenstange, die bei der Öldruckbremse vom Bremspedal durch die vordere Spritzwand in den Hauptbremszylinder ragt, ist naturgemäß nicht vorhanden, Spritzwand (und Matte) haben hier keine Öffnung. Bei Limousinen ab 8/1955 kontrolliere man auch den Handbremshebel: Anders als beim „neuen“ Export finden sich hier keine Gewindestücke zum Einstellen der Handbremse.
Man muss also nicht zwangsläufig unter den Wagen kriechen. Tut man es doch, wirft man einen Blick auf die Vorderräder bzw. Richtung Rahmenkopf. Es fehlen Hauptbremszylinder und Leitungen, stattdessen geht ein dickes Bremskabel direkt vom Rahmentunnel an den Bremsträger. Zum hinteren Bremsträger führt ebenfalls nur je ein Bremsseil und keine zusätzliche Rohrleitung. Keine Regel ohne Ausnahme: Behördenstandards saßen mitunter ab Werk auf Bodenplatten mit Hydraulikbremse! Ebenfalls nicht irritieren lassen sollte man sich bei Limousinen ab 8/1955 durch das Stufenblech hinter dem Reserverad: Vermutlich aus Rationalisierungsgründen hat es original die Öffnungen für den Bremsflüssigkeits-Ausgleichsbehälter des Export.
Wenn man keine Probefahrt machen kann, muss man nun doch jedenfalls unters Auto, um das Getriebe anzusehen. Dieses wurde aus Komfortgründen sehr oft gegen das teilsynchrone getauscht. Bis Juli 1957 ist das sehr einfach festzustellen: Das Unsynchron-Gehäuse ist außen komplett glatt und hat keine Verstärkungsrippen wie das des Export. Ab August 1957 ist auch das unsynchrone verrippt, es fehlen allerdings fahrerseitig die beiden Verschlussschrauben im vorderen Drittel.
Hat man tatsächlich einen Standard gefunden, nun noch ein Verhandlungstipp: Alles, was an spezifischen Standardteilen fehlt, wird Zeit und Geld kosten, das betrifft vor allem die Innenausstattung und die Bremse (!). Aber am Ende eine gute Nachricht: Zumindest die vier Seilzüge sind als gute Repros erhältlich, Trommeln und Beläge identisch mit denen des Export.